Keeping track of pathogen transmission!
Hintergrund
Die genomische Surveillance ist zu einem wesentlichen Instrument der Pandemievorsorge und des Pandemiemanagements geworden. Die GenSurv-Infrastruktur des NUM hat das Ziel Schlüsselelemente eines modernen Systems der genomischen Überwachung von Infektionserregern in Deutschland bereitzustellen, einschließlich von auf SARS-CoV-2 ausgerichteten Strategien für die effektive und effiziente Probensammlung, einem zentralen Data Hub für die Datenanalyse sowie einer Infrastruktur für die phänotypische Charakterisierung von SARS-CoV-2 Varianten.
Eine wesentliche Einschränkung einer integrierten genomischen Surveillance in Deutschland ist jedoch eine unzureichende systematische Einbindung lokaler Gesundheitsbehörden. Dabei spielen lokale Gesundheitsbehörden eine Schlüsselrolle im Pandemiemanagement und tragen zur frühen Identifikation von Infektionen, zur Verfolgung von Infektionsketten und zur Verzögerung der Virusausbreitung bei. Die Ganzgenomsequenzierung kann wertvolle Informationen liefern und lokale Gesundheitsbehörden unterstützen und so z. B. die – komplementär zur aufsuchenden Epidemiologie – verbesserte Erkennung von Ausbrüchen sowie eine verbesserte Kontaktverfolgung sicherstellen.
Gründe für die bislang fehlende strukturierte Einbindung liegen vor allem im
- Fehlen klarer Empfehlungen, wann und wie sich die lokalen Gesundheitsbehörden an der genomischen Surveillance beteiligten sollten,
- Fehlen von Technologien und Interfaces zur integrierten Analyse von genetischen Daten,
- in weiten Teilen fehlendem Wissen und fehlende Kompetenz im Umgang mit genomischen Daten sowie
- Fehlen klarer Empfehlungen für die Interpretation und Nutzung genomischer Surveillance-Daten für die nachgelagerte lokale Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen.
Zielsetzung
Das übergeordnete Ziel von MolTraX ist es, die effektive Nutzung der genomischen Surveillance durch lokale Gesundheitsbehörden zu ermöglichen und die entwickelten Ergebnisse in die GenSurv-Infrastruktur zu integrieren. Während des einjährigen Entwicklungszeitraums werden insbesondere die folgenden Ziele verfolgt:
- Identifikation von Anwendungsbereichen und Sampling-Strategien für den lokalen Öffentlichen Gesundheitsdienst
- Entwicklung von Interfaces zu Tools und Best Practices für die integrierte Datenanalyse durch den lokalen Öffentlichen Gesundheitsdienst
- Integration der genomischen Surveillance in die Entscheidungsfindung und Kommunikation der lokalen Öffentlichen Gesundheitsdienst
Vision
Wir machen die genomischen Daten von Infektionserregern nutzbar und stellen den Schutz der Bevölkerung durch eine schnelle und bessere Erkennung von Übertragungsereignissen sicher. Durch eine enge Zusammenarbeit mit nationalen, regionalen und lokalen Gesundheitsbehörden unterstützen wir den Öffentlichen Gesundheitsdienst sowie politische Entscheidungsträger*innen
maßgeblich bei der Entwicklung und Anpassung von fokussierten, z. T. regionalen und nachvollziehbaren Maßnahmen (z. B. Pandemiesteuerung) und erhöhen so die Akzeptanz bei allen Beteiligten. Die so initiierte interdisziplinäre und sektorenverbindende Infrastruktur bietet auch für andere gegenwärtige Krankheitserreger oder auch künftige erregerbasierte Krisensituationen eine wichtige Handlungs- und Vorsorgegrundlage.
Mission
Im Fokus von MolTraX stehen die Unterstützung und der Ausbau der Kompetenzen lokaler Gesundheitsbehörden im Bereich Genomischer Erreger-Surveillance (GES). Dazu zählt zum einen die Anbindung an das System zur GES des Netzwerk Universitätsmedizin (https://cogdat.de/) und zum anderen die Unterstützung bei der Interpretation komplexer genetischer Erregerdaten. In enger Zusammenarbeit mit dem Öffentlichen Gesundheitswesen identifizieren wir, wann und wie eine Beteiligung an GES sinnvoll ist und wie daraus gewonnene Erkenntnisse genutzt werden können (Handlungsempfehlungen). Hierbei setzen wir auf einen gegenseitigen Wissens- und Kompetenzaustausch und berücksichtigten auch mögliche Erfordernisse und Hürden.
Methodik
MolTraX wird insbesondere
- Empfehlungen dafür entwickeln, wann, wie und in welchem Zusammenhang lokale Gesundheitsbehörden sich an der genomischen Surveillance beteiligen sollten;
- Auf die Bedürfnisse des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zugeschnittene Interfaces zur Verknüpfung von Tools zur Analyse von genetischen Daten, klassischer Kontaktnachverfolgung und dem GenSurv-Data-Hub entwickeln;
- Tool Kits zum Basiswissen und Kompetenzerlangung im Umgang mit diesen Datensätzen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst entwickeln;
- Empfehlungen für die Nutzung und Kommunikation der genomischen Surveillance bei der Entscheidungsfindung durch lokale Gesundheitsbehörden ausarbeiten.
Dabei wird MolTraX im engen Austausch mit den lokalen Gesundheitsbehörden stehen. Es werden zudem ein bis zwei Anwendungsfalltests zur Testung der entwickelten Empfehlungen und Strategien durchgeführt.
Mehrwert
MolTraX wird entscheidend zur Bekämpfung der aktuellen Pandemie und perspektivisch zur „Pandemic Preparedness“ gegen mögliche zukünftige Pandemien beitragen.
MolTraX wird eine genetische Untersuchung von Infektionsclustern und Infektionsketten sowie die effektive Nutzung der GenSurv-Infrastruktur durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst strukturiert initiieren und dadurch zur Entwicklung von gezielteren und effektiveren Maßnahmen zur Infektionsprävention sowie zur Erkennung von Übertragungswegen beitragen. Damit wird ein entscheidender Beitrag zum Pandemiemanagement auf lokaler Ebene geleistet. Zudem wird das Projekt prototypisch eine effektive Ressourcenverwendung im ÖGD verfolgen. MolTraX wird die Möglichkeiten der lokalen Gesundheitsbehörden zu einer genomisch fundierten „reaktiven“ Nutzung von genomischer Surveillance, z. B. im Fall von vermuteten Ausbrüchen oder Superspreading-Ereignissen, erhöhen. Dabei wird der Weg für eine effektive Nutzung von genomischen Surveillance-Daten in den Entscheidungs- und Kommunikationsprozessen der lokalen Gesundheitsbehörden geebnet. Durch die Erweiterung der GenSurv-Infrastruktur sowie durch die Integration der lokalen Gesundheitsbehörden in die GenSurv-Infrastruktur schließt MolTraX den sogenannten „Zirkel der genomischen Surveillance“ für Deutschland und erhöht somit die Chance zur Resilienz des deutschen Gesundheitswesens gegenüber zukünftigen Pandemien.
Identifikation von Sampling-Strategien und Anwendungsbereichen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
In AP 1 wird eine Sammlung von Standards und klaren Indikatoren entwickelt, die festlegen, wann, wie, in welchen Zusammenhängen und zu welchen Zwecken genomische Surveillance-Ansätze von lokalen Gesundheitsbehörden eingesetzt werden sollten und wann sie die Generierung zusätzlicher Daten („surge sampling“) beinhalten sollten.
Entwicklung von Interfaces zu Tools und Best Practices für die integrierte Datenanalyse durch den ÖGD
In AP2 werden zum einen Interfaces zu Verfahren zur Analyse von genetischen Daten, zugeschnitten auf die Bedürfnisse des lokalen ÖGD (z. B. mit geeigneten Schnittstellen für den Import von Daten zur Ermittlung von Kontaktpersonen) entwickelt. Zum anderen werden Best Practices und Empfehlungen für die Nutzung dieser Interfaces durch den lokalen ÖGD, insbesondere auch zur genetischen Cluster- und Infektionskettenanalyse entwickelt.
Integration der genomischen Surveillance in die lokale Entscheidungsfindung im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Kommunikation
In AP 3 wird eine Sammlung von Empfehlungen und bewährten Praktiken für die Integration genomischer Surveillance-Ansätze in die Entscheidungsprozesse der lokalen Gesundheitsbehörden entwickelt. Zudem soll es Empfehlungen für lokale Gesundheitsbehörden zur Kommunikation der Ergebnisse der genomischen Surveillance an politische Interessengruppen und die breite Öffentlichkeit geben.